Bin ich wirklich krank?

Mit dem Fortschritt der Medizin kommt es auch zu immer mehr Diagnosen. Sie beunruhigen die betroffenen Patientinnen und Patienten. Die Beunruhigung ist aber gar nicht immer nötig.

Zeit Online vom 26. Januar 2016, Kommentar von Vorstandsmitglied Dr. med. Christian Hess

Der Zeit-Artikel diskutiert Krankheit und Gesundheit im historischen und kulturellen Kontext, die Leiden von besorgten Patienten und Ärzte, die den Nutzen ihres Tuns überschätzen.

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Kommentar von Vorstandsmitglied Dr. med. Christian Hess:

Der Artikel in der ZEIT ONLINE vom 26. Januar 2016 ist äusserst lesenswert. Obwohl er auf deutsche Verhältnisse ausgerichtet ist, so stimmen die Aussagen auch in der Schweiz. Zwar haben Hausärzte hierzulande wohl noch etwas mehr Zeit für die Patienten als in Deutschland, aber es spricht wenig dafür, dass die Entwicklung nicht auch bei uns in Richtung weiterer Zeitverknappung geht.  Die Ökonomisierung führt zwangsläufig zu dieser Art Effizienz Verständnis und rationiert dabei die Zeit auf der Beziehungsebene. Alle finanziellen Anreize sind so gesetzt, dass möglichst viel Umsatz generiert wird was notgedrungen in einer Zeit mit verfeinerten diagnostischen Möglichkeiten zu Überdiagnostik und Überbehandlung führt. Mittlerweilen hat auch die Politik begonnen dieses Thema ernster zu nehmen. Das Verändern der Anreizsysteme scheint aber noch in weiter Ferne, nicht zuletzt deshalb, weil gerade die  Politik für sie verantwortlich ist und verständlicherweise Mühe hat einzugestehen, dass falsch entschieden wurde.
In Fachkreisen wird das Thema zunehmend ernster genommen und auch in der Schweiz werden analog zum amerikanischen "choosing wisely" unter dem Begriff "smarter medicine" von Fachgruppen Listen von unnötigen Untersuchungen zusammengestellt.
Gepaart müssen allerdings solche Bemühungen mit Kommunikationstraining sein. Insbesondere das Vermitteln von Nutzen und Risiken in einer allgemein verständlichen Sprache ist vielen Ärzten zu wenig geläufig. Gerd Gigerenzer bietet dazu seit Jahren grossartige Hilfe, die nun mit den im Artikel erwähnten "Faktenboxen",  die im  Internet für jedermann frei zugänglich sind, ergänzt wurden.
Die Akademie Menschenmedizin machte schon früh mehrfach auf diese Trends aufmerksam und freut sich deshalb Ihnen heute diesen Artikel der ZEIT zur Verfügung stellen zu können.

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